1897 P.Höing
Ramsdorf 30. September. Schützenfest des Walburgis-Schützenvereins. Begünstigt von dem idealen Herbstwetter konnte der St. Walburgis-Schützenverein Samstag, Sonntag und Montag das altem Brauche gemäß in diese Zeit fallende allgemeine Bürger=Schützenfest feiern. Der Samstag sah zunächst des Abends die Ankündigung des Heimatfestes durch eine reichliche Anzahl von Böllerschüssen, worauf das Schützenbataillon im Festzelt antrat. Der Zapfenstreich durch die Stadt nebst Fackelzug wies eine ansehnliche Beteiligung auf, worauf sich die Teilnehmer zum Konzerte im Festzelt auf Lübberings Bleiche zusammenfanden. Am Sonntage traten Vorstand und Offiziere um 10 ½ Uhr im Festzelt an, worauf nach Abholen des Major, des Obersten und des Präsidenten die Parole auf dem Marktplatz und die Galavorstellung bei Sr. Majestät dem bisherigen König stattfand.
Der Zug durch die Stadt und das Konzert im Festzelt, bei dem die hier anwesende Gesangsabteilung des kath. Gesellenvereins Recklinghausen durch mehrere Liedervorträge zum Gelingen des Festes beitrug, beschlossen das Programm des Sonntag vormittags. Der Sonntag Nachmittag sah um 4 Uhr das antreten der Kompanien auf dem Marktplatz, worauf die Fahnen aus der Wirtschaft Ww. Theodor Rave abgeholt wurden. Oberst Theodor Lübbering hielt sodann vor versammeltem Schützenbataillon eine kernige Ansprache. Das Schützenfest, so führte er aus, solle im Sinne der Vorfahren gefeiert werden, und sei dazu bestimmt, zerrissene Bande wieder zu knüpfen und bestehende Uneinigkeit zu beseitigen. Auf die Bedeutung der Schützengesellschaft in früherer Zeit eingehend erinnerte er im Angesichte der alten Burg und des alten Burgfrieds daran, daß in früherer Zeit die Schützengesellschaften bestimmt waren, Haus und Herd zu schützen. Er ermahnte die Schützenbrüder, Manneszucht zu halten und die Schützentugenden hoch zu halten. Sein hoch auf dem Schützenverein und dem deutschem Vaterlande, worauf die Musik das Deutschlandlied spielte, in das die Anwesenden begeistert einstimmten.
Der Montag morgen sah nach Abwickelung der üblichen Formalitäten den Zug des Schützenbataillon nach dem historischem „Schnetgraben“ zur Vogelstange. Nach dreimaligem Umzuge des ganzen Schützenbataillon um die Vogelstange hielt Herr Pastor Linnenkemper eine mit großem Beifall aufgenommene Ansprache an die Schützenbrüder, in der er an die Bedeutung der Schützengesellschaften in früherer Zeit erinnerte. Übergehend auf die heutige Zeit führte er aus, das die Schützengesellschaften sich ein großes Verdienst in der Überbrückung der sozialen Gegensätze und der Beseitigung des Kastengeistes innerhalb einer Gemeindeerwerben könnten. Vorstandsmitglied Aloys Menning gab hierauf die Bestimmung des Vorstandes über die Beteiligung am Königsschießen bekannt. Das nun eingehende Ringen um die Königswürde war heiß wie der Tag in der regendurchschwängerten herbstlichen Tagesfolge. Eine Feuerpause mußte eingelegt werden, um die etwas erschlafften Lebensgeister der um die Königswürde Ringenden wieder neu zu beleben. Bald nach 1 Uhr mittags fiel nach hartem Ringen der Königsschuß, abgegeben von Aug. Heitmann der sich Frl. Maria Föcking zur Königin erkor. Die drei besten Schützen waren Kaufmann Willy Schmäing (Zepter) Hubert Uphues (Reichsapfel) Josef Terfloth sen. (Krone). Ehrendamen waren Theodore Schlüter, Friederika Bülten, Walburga Deppe, Liesbeth Föcking, Emma Rave und Agnes Paskert. Ehrenherren wurden Josef Schlüter, Theodor Räwer, Anton Renners, Josef Föcking, Gerhard Schlüter und Werner Rave. Der Rückmarsch zur Stadt vollzog sich in vollster Ordnung, Eintracht und Harmonie. Der Festball, von keinem Mißton getrübt, beschloß das wohlgelungene Heimatfest, das dem Beschluß der Schützenfeste in der hiesigen Gegend macht.
Originaler B.Z. Bericht vom 01.10.1930