1924 Paul Vornholt und Paula Schmäing
Ramsdorf, 30. Sept.1924 Junggesellenschützenfest.
Begünstigt von dem herrlichen Wetter nahm das Fest einen glänzenden Verlauf. Mancher Schütze mag die Tage vor dem Feste ängstlich zum Himmel geschaut haben, wenn es in Sturzbächen herunter goß. Doch am Samstag abend leuchtete ein herrliches Abendrot und dieses strahlte wieder von den heiteren Gesichtern der Junggesellen. Die Hoffnungsfreude auf ein schönes Wetter kam dann auch in dem Zapfenstreich zum Ausdruck, der sich am Samstag abend gegen 9 Uhr durch sämtliche Straßen unseres freundlichen Städtchens zog. Die schmetternden Klänge der Ramsdorfer Kapelle wollten allen Bürgern zeigen: Morgen ist Kirmes und Schützenfest. Alt und Jung sah mit staunen die lange bunte Lichterschlange, die sich durch die Straßen zog. An allen Straßenecken wurde der Zapfenstreich geblasen, der namentlich in den alten Soldaten manche schöne Erinnerung auslöste: Ein jeder, ein jeder in seinem Du artier! wo bleiben den all die Unt’roffizier? Zu Bett, zu Bett, zu Bett! Sonntag morgen lockte der Weckruf die Schützen aus den Federn. Gegen 11 Uhr traten die Offiziere und ein Teil der Jägerkompanie an; voraus die Wiegerische Kapelle! Das war ein Grüßen der Bürger an ihren alten bekannten Musiker. 15 Jahre kommt nun schon der alte Militärmusikmeister mit seiner zumeist aus ehemaligen Militärmusikern bestehende Kapelle. Wie das im Bein zuckt, wenn die bekannten Märsche erschallen, der Schulbub meint schon, er müßte seine kleinen Beinchen im Paradeschritt werfen. Von 12-1 Uhr Frühschoppenkonzert im Festzelt. Um 4 Uhr nachmittags zeigten sich sämtliche Schützen. In guter Ordnung ging’s durch die Stadt. Dann war große Parade auf dem Marktplatz. Das gute Wetter hatte auch viele Fremde herbei gelockt und zeitweilig war eine beängstigende Fülle auf den Straßen. Auch in den Wirtschaften sowie im Zelt war bald Hochbetrieb. Bei solch ausgesuchter Musik flogen denn auch bald die Tanzbeine. Bis gegen 11 Uhr abends sah man noch viele Fremde in unseren Gastlichen Städtchen. Als aber der letzte Zug den Bahnhof verlassen hatte, da allmählich hab’s Platz im Zelt. Am Montag morgen 9 Uhr war das ganze Schützenbaillion wider auf dem Marktplatz. Frisch und munter standen sie da, die Junggesellen keinem sah man an, daß er die letzte Nacht die gewohnte Anzahl der Stunden in den Federn zugebracht hatte. Das sollten aber auch alle Bürger sehen, deswegen ging’s wieder durch alle Straßen der Stadt. Vorausgetragen wurde der bunt bekränzte Vogel. Nachdem man eine schneidige Paradeaufstellung vor dem Amtmann und der hiesigen Geistlichkeit gemacht hatte, ging hinaus ins Feld, zur Vogelstange. Dort angekommen begrüßte zunächst der Amtmann die Schützenbrüder und wünschte ihnen einen ferneren schönen Verlauf des Festes. Pfarrer Schmees gab in seiner Anrede seiner Freude Ausdruck über die gute Haltung der Schützen und legte ihnen warm an Herz, dei Einigkeit, die sich beim Feste so schön zeigte, auch ferner in allen Lebenslagen zu bewahren. Nach kurzem Gebet, so will es alter, guter Väterbrauch, begann ein munteres Schießen um die Königswürde. Das muß man den Junggesellen lassen, schießen können sie. Kaum ein Schuß ging am Ziel vorbei. Schon nach 54 Schüssen war der Vogel zur Strecke gebracht. Den Tod versetzte ihm Herrn Paul Vornholt. Rauschend setzte die Musik ein Kräftige Arme hoben den neuen König und zeigten ihn der ganzen Schützengilde. Ein brausendes Hurra scholl durch die Luft. Die schöne und kostbare Schützenkette wird dem jungen König um den Hals gelegt. Jetzt entsteht ein Wispern und Raunen: „Wer wird Königin?“ Entlich wird der Schleier gelüftet: Frl. Paula Schmäing ist die Erkorene. Auch der Hofstaat wird bestimmt. Beschäftigt sprengen die Adjutanten davon, die Kunde zu bringen den Auserwählten. Ein kühler Trunk ist der Botenlohn. Rasch gilt’s sich zu schmücken. Der Königswagen harrt schon vor der Tür Mit Herzklopfen steigt ihre Majestät in den Prunkwagen und hinaus geht’s zur Vogelstange. Dort krönt der König, jetzt selbst in Gehrock und Zylinder, die Königin, diese wiederum zeichnet die Hofdamen durch ein Sträußlein aus. Inzwischen hat das Schützenbataillon Aufstellung genommen und erweist seinem Königspaare die erste Ehrenbezeugung. König und Königin nehmen Platz im Wagen, der Hofstaat folgt im anderen Wagen und heim gehts zur Stadt. Nach einem Zug durch die Straßen gibts große Parade vor dem neuen Königspaare. Der zweite beste Schütze wird von der Königin dekoriert. Dann gehts zum Zelt. Es is 4 Uhr geworden. Noch hat kein Schütze zu Mittag gegessen. Da wird’s als Zeit. Die beiden Majestäten werden mit Musik nach Haus gebracht. Dann aber verlangt auch der Schützenmagen etwas Warmes. Doch nicht gar lange ist die Erholung. Vielleicht langts für ein Stündchen Schlaf. Der äußere Mensch muß in Ordnung gebracht werden. Die Jägerkompanie muß neue, schneeweiße Beinkleider anziehen.
Um 7 Uhr aber beginnt der Krönungsball. Da will und darf keiner fehlen. Noch manche Stunden verbrachten Schützen mit ihren Angehörigen bei Rebenblut und Gerstensaft im Zelte.
Original geschriebener B.Z. Bericht vom 02 Oktober 1924